Psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz – Wir sollten endlich handeln!
Warum tun wir seit Jahren nichts gegen psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz, obwohl wir doch alle wissen, dass psychische (psychosomatische) Erkrankungen seit Jahren im Vormarsch sind und unsere Presse immer wieder berichtet, dass diese Erkrankungen Milliarden Franken an Kosten verursachen? Extrem lange Falldauern und lange Eingliederungszeiten lassen viele Unternehmen gerade hier spüren, wie wichtig die Arbeitskraft Mensch für unsere Gesellschaft ist. Neben psychosomatischen Erkrankungen sind zunehmend Menschen mit Depressionen, Burnout und Suchtverhalten ein trauriges Bild, welches u.a. von einer nicht gestalteten Arbeitswelt hervorgebracht wird.
Sicherheit und Gesundheitsschutz sind in zahlreichen Betrieben unseres Landes auf einem sehr hohen Niveau. Dazu haben viele Organisationen partnerschaftlich beigetragen. Befragt man Unternehmen, warum sie nichts getan haben, um psychosoziale Risiken als Ursache für psychische Erkrankungen abzubauen, erkennt man sehr schnell, dass Unkenntnis und Berührungsängste mit dieser „Materie“ die Gründe sind. Abbau von Berührungsängsten, Erkennen von psychosozialen Risiken und das Ableiten und Umsetzen von Massnahmen sind Themen, mit denen man sich in den Unternehmen somit künftig verstärkt auseinandersetzen muss.
Vollzugsschwerpunkt 2014 - 2018
Damit wir gemeinsam dieser oben erwähnten Entwicklung entgegensteuern können, werden sich die Arbeitsinspektorate in den nächsten vier Jahren bei ihren Betriebsbesuchen diesem Thema widmen (siehe Grafik weiter unten). Arbeitgeber sollen sensibilisiert, aber auch auf ihre Pflicht (z.B. OR, UVG, ArG) hingewiesen werden, sich dieser Problematik zu stellen. Gestaltete Arbeitsbedingungen und der Schutz der persönlichen Integrität der Mitarbeitenden sind Massnahmen, welche der Arbeitgeber ergreifen kann, um psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz abzubauen. Damit die Bearbeitung des Themas „Psychosoziale Risiken“ nicht von vornherein weiterhin Ängste hervorruft, sollte man sich bewusst werden und dies auch den Mitarbeitenden vermitteln, dass nebst „klassischen“ Gefährdungen auch psychische Faktoren in die Gefährdungsermittlung gehören, was im Rahmen der EKAS- RL 6508 schon lange gefordert wird. Auch dazu gibt es Checklisten, deren Benutzung kein Studium der Arbeitspsychologie voraussetzen.
AEH unterstützt Unternehmen
Die Kampagne „ Psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz“ ist für Branchenlösungen, aber auch für Einzelunternehmen geeignet. Neben der Methodik, der Einbeziehung psychischer Faktoren in die Gefährdungsermittlung, wird insbesondere auf die Sensibilisierung und Schulung der Vorgesetzten und Mitarbeitenden Wert gelegt.
Die Kampagne enthält folgende Elemente:
Thema: Schutz vor psychischen Fehlbeanspruchungen
- Gefährdungsermittlung „psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz“
- Toolbox für weitere Abklärungen inkl. spezifischer Online-Tools
- Schulungsunterlagen für Vorgesetzte und Mitarbeitende
- Weiterführende Informationen zum Thema und Fachberatung
Thema: Schutz der persönlichen Integrität
- Musterreglement
- Schulungsunterlagen für Vorgesetzte und Mitarbeitende
- Schulungsangebot für interne vertrauliche Ansprechpartner
- Unterstützung durch externe vertrauliche Ansprechstelle
Zusätzlich zu den Angeboten im Rahmen der Kampagne unterstützt AEH die Betriebe bei der Einführung eines nachhaltigen betrieblichen Gesundheitsmanagements BGM, mit gezielten Massnahmen zum Thema Stress oder bei der Betreuung von Mitarbeitenden mit psychosozialen Problemen wie z.B. Burnout.
Weitere Informationen können Sie unter
Glossar
Persönliche Integrität
Gegenseitiger Respekt, Takt und Toleranz sind Grundlagen eines guten Betriebsklimas. Wenn diesbezüglich Grenzen überschritten werden, greift dies die persönliche Integrität und Würde an. Werden Arbeitnehmende durch Mobbing, sexuelle Belästigung, angedrohte oder ausgeführte psychische oder physische Gewalt oder diskriminierende Verhaltensweise belästigt, beeinträchtigt dies die berufliche und private Lebensqualität sowie die Gesundheit. Diskriminierungen können verschiedene Hintergründe haben: sexuelle Aspekte, ethnische, religiöse etc.
Psychische Belastung
Die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von aussen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken. Der Begriff „Belastung“ wird nach EN 10075 wertneutral definiert. Er resultiert aus der Gesamtheit aller Einflüsse oder Anforderungen, die eine Arbeitstätigkeit mit sich bringt und die für jeden Beschäftigten gleich sind. Belastungen aus der Arbeitswelt werden von den betroffenen Beschäftigten unterschiedlich wahrgenommen und verarbeitet.
Psychische Beanspruchung
Die unmittelbare (nicht die langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung auf das Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen aktuellen Voraussetzungen, einschliesslich der individuellen Bewältigungsstrategien. Bei längerfristiger psychischer Überbeanspruchung kann die psychische Gesundheit gefährdet sein (Suchtprobleme, Depression, Burn-out).
Beanspruchungsfolgen
Positive Beanspruchungsfolgen: Gesundheits- und Entwicklungsförderlich
Dies sind alle Erlebenszustände der Anregung (Aufwärmung und Aktivierung) Die Folge sind Gefühle der Frische und Freude, Effekte des Lernens, der Übung und des Trainings sowie die Entwicklung von Fähigkeiten. Sie führen langfristig zum Erhalt und Erwerb geistiger Fähigkeiten, erhöhen die Arbeitsmotivation und die Arbeitszufriedenheit.
Negative Beanspruchungsfolgen: Gesundheits- und entwicklungsbeeinträchtigend
Kurzfristig wirkende arbeitsbedingte Überbeanspruchung (mehrere Tage bis Wochen) wird als psychische Ermüdung sowie ermüdungsähnlicher Zustand (Monotonie, herabgesetzte Wachsamkeit und psychische Sättigung) definiert. Auch Stress wird in diese Kategorie
eingeordnet. Negative Beanspruchungsfolgen werden häufig als psychische Fehlbeanspruchung bezeichnet. Bei Andauern derartiger Zustände kann es langfristig zu Gesundheitsbeeinträchtigungen sowie zur Verschlechterung bzw. zum Abbau der Leistungsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit kommen. Kritisch sind in diesem Zusammenhang auch die Zunahme sicherheitswidriger Verhaltensweisen oder die Demotivierung (innere Kündigung) der Beschäftigten zu betrachten.